Die
fortschrittliche, kreative Musikszene und ihre Vertreter/innen werden
in der Schweiz seit jeher, alarmierenderweise jedoch immer mehr,
durch penible Schwätzer und verriegelte Dinosaurier geknebelt. Die Mediengilde und ihre politischen Hintermänner zeigen keinerlei künstlerich-soziale Verantwortung. Sie
handeln unverschämt opportunistisch
und ohne Respekt, mit
einer notorischen Herabwürdigung und Nichtbeachtung den schöpferischen
einheimischen Künstlern gegenüber. Es war niederschmettern,
als ich im Jahr 2002, nach Jahrzehnten in Frankreich und Deutschland,
wieder in meine Heimat übersiedelte. Die allmächtigen
Schweizer Medien sind korrumpiert, traditionell weit unter internationalem
Niveau, gründlich verstaubt und hinterwäldlerisch. - Zu meinem Erstaunen gab es urplötzlich eine "Schwyzer
Musig"!?-. Ein sonderbarer, wohlbeabsichtigter und einmaliger Etiketten-Schwindel!. - In meiner Jugend bezeichnete
man diese Art von Musik als "Ländler-Musig", heil
Reichskulturkammer, heil Indoktrination! - Alles beim Alten
im Kunst- und Kultur-Notstandsland Schweiz! Noch immer muss
mein Berufstand, wie auch weitere, vor allem künstlerische
Berufsstände, ins Ausland abwandern um nicht zu verhungern! Hier regiert der Mammon, die Muse liegt im
Sterben! Die jährlich über hundert anspruchsvollen diplomierten Abgänger von neuzeitlichen
Musikschulen (welche zu meinem Leidwesen kürzlich per Gesetz
von den Konservatorien geschluckt wurden) blicken in die Röhre
oder landen zumeist beim Sozialamt. - |
KAMPF
DEM MUSIKDIKTAT DER SCHWEIZER MEDIEN
WIR VERLANGEN EINE SENDEQUOTE VON EINEM DRITTEL FÜR DIE SCHWEIZERISCHEN
MUSIKSCHAFFENDEN BEI RADIO UND FERNSEHEN.
Es
hat sich seit dem Bestehen der modernen schweizerischen Medien
herausgestellt, dass diese völlig einseitig bestimmen, was
verbreitet bzw. gesendet wird. Es ist eine Tatsache, dass eben
diese Medien durch Opportunismus und sachliche Inkompetenz den
musikkulturellen Auftrag, den heimischen Interessen gegenüber,
nicht im Ansatz erfüllen. Der dadurch entstehende wirtschaftliche
Schaden lähmt die heimischen Musikschaffenden und schädigt
die lebendige Musikkultur in der Schweiz ganz entscheidend.
Politik, Musik-Kartelle
und die Medienvertreter halten die Ware Musik und unsere Berufsgruppe
im Würgegriff, wirtschaftlich, gesellschaftlich und künstlerisch.
Wenn Herr Walter Rüegg, schweizerischer Radiodirektor, sogar
nicht einsieht, dass kulturelles Schaffen der Protektion bedarf
und letztere sogar kontraproduktiv nennt, dann ist wirklich aller
Tage Abend. In einem NZZ-Artikel, Mitte April 2003, qualifizierte
er tatsächlich die Quotenforderung ab: eine solche sei nicht
nur "kontraproduktiv und protektionistisch", sondern
auch unmöglich und unnötig - da seine Sender für
die Schweizer Szene nun wirklich schon genug täten. -
Ihm und der selbstherrlichen,
kompetenzüberschreitenden und widersinnigen Machtpolitik
in unseren Medien insgesamt, ist energisch entgegen zu treten,
denn ihre Haltung bedeutet unzweifelhaft eine Schmach und eine
nationale Schande! -
PETER GIGER, Schlagzeuger,
Perkussionist, Komponist, Dozent, Autor, Produzent, SUISA-Mitglied
seit 1963 - Mitglied des SMPV - www.peter-giger.de - nagara@bluewin.ch
|
Referat
von Peter Giger bei der Generalversammlung der SUISA im Juni 2004
in Winterthur.
Sehr geehrter Präsident, sehr geehrte Schweizer Musikschaffende,
ich möchte kurz über den
eindeutig zerstörerischen Einfluss der Medien auf unsere heimische
kreative Musikszene zu Ihnen sprechen.
WER MACHT HIER EIGENTLICH DIE MUSIK?
Musik ist eine Hure, sagte Marcel
Reich-Ranitzky, ich denke in der Schweiz steht es noch schlimmer
um sie, zumindest was die sog. moderne Musik betrifft. Die Medien
steuern mehr und mehr den Musikbetrieb und sind längst von
internationalen Musik-Konzernen abhängig und unterwandert.
Intendanten, Produzenten und Redakteure machen die Musik.
Einschaltquoten, Sendeplätze, Hitlisten, Schmiergelder, das
Musikwesen ist weltweit zum profitorientierten Markt der Eitelkeiten
und Banalitäten, zur Selbstverwirklichungsbühne von Dilettanten
verkommen.
Es ist traurig, in was für einem untergeordneten und unbeachteten
Zustand die Schweizer Szene dümpelt. Unsere Presse, die Radio-
und Fernsehstationen ordern ausländische Kultur im Multipack.
Es ist ja so unkompliziert, schnell abzuwickeln und zudem noch einträglich,
das Geld dafür bezahlen die Abonnenten, und das Volk frisst
ja, was man ihm gibt, das weiss doch inzwischen jeder.
Wozu soll man sich mit den eigenen Künstlern herumschlagen,
da müsste man sich ja auskennen und handfeste Forschung betrieben
werden. Sollen die Spinner doch sehen wo sie bleiben, oder halt
ins Ausland gehen, die Ausländer sind sowieso besser.
Im Bunde mit der hohen Politik, die in Sachen Kultur besonders kurzsichtig
und hinterwäldlerisch auftritt, sowie mit der im Lande seit
jeher vorherrschenden Geringschätzung von Kunst und Künstlern,
sind diese Programmgestalter mit dafür verantwortlich, dass
die heimische Szene nicht hochkommt, vor sich hindümpelt und
fast alle Naturtalente auf der Strecke bleiben. Die Kunstmusik in
der Schweiz lebt in Hand- und Fussschellen.
Wie in keiner andern hochentwickelten Nation, werden unsere leistungsfähigen
Künstler bei lebendigem Leib unter den Teppich gekehrt. Wenn
sie dann endlich tot sind, dann erst werden sie u. U. als leuchtende
Beispiele Schweizer Kunst und Kultur an die nationale Brust geheftet.
Die harmonisierende Bedeutsamkeit einer lebendigen, einheimischen
Kulturszene wird schnöde kastriert.
Ein Land, welches zu den bildschönsten, wohlhabendsten und
hochentwickeltsten zählt, fährt heute noch eine von Alters
her ignorante und zugeknöpfte Kulturpolitik.
Was für ein engstirniger, bedauerlicher und unseliger Irrtum.
Es gibt seit der Erfindung der Ton-Konserve usw., auch aus unserem
Land, wunderbare Produktionen im Überfluss, die hunderttausendfach
auf Halde liegen.
Entweder ist es den internationalen Konzernen gelungen - unter oder
über dem Tisch - ihren musikalischen Schrott bei unseren Medien
durchzudrücken, oder die Verantwortlichen für dessen Verbreitung
sollten wegen Inkompetenz umgehend ihren Hut nehmen.
Denn sie sind dafür verantwortlich, dass sich eine unerträgliche
Schwemme von gehirn- und geschmackloser Musik, meist in englisch,
deutsch oder französisch gesungen, fast pausenlos und alltäglich
über den Äther geschickt wird, neben der viel zu wenig
ausgestrahlten wertvollen und erfreulichen Produktionen.
Man hört fast nur noch Gesungenes, die Instrumentale Musik
wird auch zunehmend gnadenlos an die Wand gedrückt.
Ich habe über vierzig Jahre lang als Jazz-Schlagzeuger, Perkussionist,
Bandleader, Komponist, Dozent, Autor und Produzent im Ausland gearbeitet
Als einem der zahllosen Schweizer Künstler, welcher es nur
im Ausland schaffen konnte - ist mir, seit meiner Rückkehr
vor zwei Jahren in die Heimat, die schwierige Situation des hiesigen
Kulturbetriebs allgemein, und jener von Musikern und Komponisten
im besonderen, klar geworden.
Es kann und darf einfach nicht angehen, dass 2002/2003 bspw. knapp
19 Millionen Franken Autorenrechte nach USA flossen und nur 820
Tausend von dort zurückkamen. Der Schweizer Autor bezahlt dem
Ami 100 Franken und erhält dafür 4 Franken zurück.
Das ist Kolonisation und zugleich Diebstahl am Fortkommen des eigenen
Volkspotentials. Gesamt werden von unserer schweizerischen Mediengilde
noch nicht mal 10 Prozent Schweizer Werke berücksichtigt.
Ich möchte zu dieser Kulturschande
einen dringenden Vorschlag machen:
Ist es denn nicht möglich,
dieser offensichtlichen Willkürlich endlich von unserer Seite
aus Einhalt zu gebieten.
Wie es doch bei ähnlichen Fällen üblich ist, sollte
zum Schutz der einheimischen Autoren und Musiker, eine gesetzlich
verankerte Kontingentierung eingeführt werden. Diese könnte
durch ein Gremium, bestehend aus erfahrenen Mitgliedern unserer
Berufsgruppe ausgearbeitet werden. Das Gremium sollte von der SUISA
eingesetzt und getragen werden und seine Forderungen sollten dem
zuständigen Ministerium zur Begutachtung und Ratifizierung
übergeben werden. |
Referat
von Peter Giger, GV-SUISA, Lugano, 25.06.05
Vorbemerkung:
Da an der vergangenen GV mein Aufruf, über die seit jeher im
schweizerischen Musikbetrieb herrschenden krassen Missverhältnisse
leider in den Annalen unserer Administration versank, versuche ich
heute erneut, insbesondere die Aufmerksamkeit unseres Vorstands
auf die finanzielle Misere der lebendigen, modernen Musikszene zu
lenken.
Ich möchte hier im Tessin,
wenn Sie gestatten, Französisch sprechen, in der Hoffnung auf
das traditionell höher einzustufende Kulturverständnis
unserer lieben Compatriotes.
Chères dames et messieurs,
chers collègues,
Laissez-moi, s.v.p., vous parler de la situation insoutenable de
la culture musicale dans notre pays, qui s'est présenté
de tous temps, plutôt blâmable et pitoyable, sur le
plan international. Notre pauvre tradition musicale, notre dépendance
des créations des pays voisins et outre, sont évident
et prennent de plus en plus des formes honteuses et embarrassants.
Dans son état d'esprit, dans sa mentalité envers les
artistes indigènes, notre peuple n'a malheureusement pas
franchi la barrière de paysans et de montagnards.
La plupart de nos compositeurs et
musiciens contemporains endurent la pauvreté. Combien de
talents chez nous souffrent d'une mort lente et déshonorante.
La musique dans les médias électroniques est malheureusement
administrée et gérée par l'état, voir
par une direction politique, qui n'a jamais eu la réputation
ou la qualification d'être à la hauteur, en ce qui
concerne la musique. En Suisse, une des nations les plus privilégiées,
habite une population avec peu de respect et encore moins de générosité
pour les propres compositeurs et musiciens.
De même nos politiciens et
leurs dirigeants, qui ont ni visions, ni prévoyance, ni honneur,
car sans pudeur et conscience ils discriminent continuellement notre
profession, et ce qui est pire encore, ils exploitent notre travail
pour leur propre compte. Ce brigandage doit enfin cesser.
La Suisa et ses membres sont les propriétaires des droits
d'auteurs mondiaux. Pourquoi nos fiduciaires hésitants à
Zürich ne s'occupent t'ils pas à priori de cette inacceptable
injustice envers notre profession!
Est-ce que ils travaillent pour nous ou pour nos écorcheurs
?
Pourquoi appelle t'on la-bas la SRG " notre meilleur client
" et comment se fait il, que c'est justement ce meilleur client,
qui nous impose prix et contingent de nos oeuvres produits.
De sa part la SRG utilise abondamment
" notre " musique et cela ne leur vaut pas plus que 1
% de leur état prétentieux. Quelle ignoble arrogance!
Quelle avarice sans gêne! -
Imaginez vous une radio ou une télé sans musique.
Mes dames et messieurs, c'est nous qui sommes dans la position de
force. Refusons leur notre musique en entier ou seulement nos uvres
suisses. Ne restons pas opprimé et dupé encore pendant
des années inutiles, luttons pour notre droit, faisons quelque
chose contre toutes ces têtes et curs de béton
et pour nos droits existentiels.
Est-ce que je peux demander ici et maintenant les membres de notre
comité de direction, de nous dire, si mon idée d'un
refus de notre part envers la SRG est possible, et si oui, comment
nous pourrions introduire une tel démarche. Merci de votre
attention |
Brief
an Roy Oppenheim,
Suisa
Cevio, im September 2004
Sehr geehrter Roy Oppenheim,
Wir scheinen im Kampf um gerechte Sendzeiten von einheimischen Musikschaffenden
vereint zu sein.
Wie Sie bestimmt wissen, hat vor über zehn Jahren in Frankreich
die Einführung einer Sendequote von über 40% französischer
Musik in den Medien, in wenigen Jahren zu einer erstaunlichen Blüte
der eigenen Musikkultur geführt. Selbst die entschiedensten
Gegner dieser Massnahme waren am Ende begeistert von dieser absolut
gerechtfertigten Quote.
Als ich - nach 40 Jahren Wirken im Ausland - vor zwei Jahren in
meine Heimat zurückkam, musste ich feststellen, dass sich der
Respekt und die innere Haltung meiner Landsleute, der einheimischen
Musik-Kultur gegenüber, kaum verändert hat. Das Schaffen
der eigenen Künstler wird weiterhin erniedrigt, verhindert
und schnöde deklassiert.
Als Gründungsmitglied und langjähriges
Vorstandsmitglied der UDJ (Union Deutscher Jazzmusiker) habe ich
mir seit meiner Rückkehr in die Schweiz zum Ziel gesetzt, mitzuhelfen,
dass endlich ein radikales Umdenken in den Köpfen der Medienpublizisten
bei uns stattfindet, ein längst überfälliges Umkehren
zu den kreativen Kräften der ach so sträflich vernachlässigten
einheimischen Musikkultur. Ähnlich wie es auch in Frankreich
geschah, oder wie es in den meisten Ländern erfolgreich und
selbstredend, geschieht.
Im vergangenen Juni war ich erstmals
bei einer SUISA-GV und habe eine Rede gegen diesen unhaltbaren Dauerzustand
gehalten, unter dem Motto: WER MACHT HIER EIGENTLICH DIE MUSIK?.
Es haben sich in der jüngsten Vergangenheit viele Leute und
Organisationen gegen diesen immer offensichtlicher zu Tage tretenden
Missstand gestellt.
Aber was wurde bisher erreicht!?
.........
Der rege Zwischenapplaus und der
Zuspruch auf meine Rede bei vielen Teilnehmern der Mitgliederversammlung,
haben mir Mut gegeben weiterzumachen. Unter Anderen baten leitende
Angestellte der SUISA, um eine Kopie meines Redetextes und viele
Anwesende zeigten sich sehr aufgeschlossen, was die Realisierung
von empfindlich höheren Sendequoten in der Schweiz betrifft.Es
ist mehr als genug des unsolidarischen und rechtswidrigen Machtspiels
unserer Radio- und Fernsehstationen mit der Presse in ihrem Gefolge.
Die SUISA, die Autoren und alle Musikschaffenden müssen zusammenstehen
und nicht ruhen, die uns zustehenden Rechte zu fordern, wir schulden
es uns selber, der Musikkultur in unserem Lande, sowie der musikalischen
Schöpferkraft von neuen Generationen.
Der eindeutig viel zu mächtige
Einsatz von ausländischen Musik-Produktionen in unseren Medien,
verdeutlicht deren Betrug am eigenen kreativen Potential und entlarvt
die dafür Verantwortlichen als respekt- und charakterlos. Ihre
im Grunde rundweg anmassende Haltung uns gegenüber, ist voller
Pflichtvergessenheit und Desinteresse.
Die leitenden Medienvertreter sind jetzt aufgefordert und am Zuge,
endlich zu begreifen, dass ein neues Handeln, ein Umdenken dringend
notwendig ist. Sie müssen sich bewusst werden, dass sie in
der Vergangenheit ihren Auftrag und ihre Verantwortung der heimischen
Musik gegenüber verkannt und vernachlässigt haben.
Die für den heimischen Musikbetrieb
doch so ungeheuer wichtigen Medien, tummeln sich in hausgelieferten
Katalogangeboten von internationalen Musikkartellen und merken dabei
nicht, oder wollen nicht merken, dass sie mit ihrer opportunistischen
und achtlosen Haltung die einheimische Kultur andauernd schädigen;
dass sie den eigenen Künstlern die Existenzgrundlage entziehen
und vielen Talenten den Musikerberuf schon viel zu oft verunmöglicht
haben! -
Wir müssen diesen Verantwortlichen ihre latente Unbesonnenheit
und ihr sträfliches Fehlverhalten ständig vor Augen führen,
bis sie sich endlich bewusst werden, welches Unrecht sie der heimischen
Kultur bis zum heutigen Tag angetan haben.
Unser berechtigtes Anliegen soll massiv in die Öffentlichkeit
und in die Politik getragen werden und bis hin zu einer Volksinitiative
führen, wenn es denn sein muss.
Wenn viele Organisationen und Urheber
ihre Unterstützung signalisieren, allen voran die SUISA, kann
der Kampf gegen diese andauernde Verwahrlosung endlich in eine entscheidende
Phase geführt werden.
Die Auswirkungen einer Sendequote von einem Drittel schweizerischer
Werke bei Radio und TV würde sich für die Künstler,
auch publizistisch gesehen, förderlich erweisen und ganz beträchtliche
Autorenvergütungen blieben im Lande, statt ins Ausland abzufliessen.
Mit freundlichem Gruss
Peter Giger
|
aus
einem Brief an Kurt Auer, Ex-Suisa
Du hattest mich freundlicherweise um den Text meiner Rede vor der
SUISA-GV gebeten. Ich habe sie diesem E-Mail bei gefügt und wäre
froh, wenn dieser Text im nächsten Info der SUISA erscheinen
würde.
Der Kampf um die rechtmässigen Ansprüche
der eigentlichen Schöpfer und Befugten von Musik, die fundamentalen
Rechte der schweizerischen Urheber, werden von ihrer eigenen Administration
seit vielen Jahrzehnten unsachgemäss behandelt und auf unerträgliche
Weise vor sich her geschoben.
Wo bleiben unsere legitimen Rechte. Hier
erscheint ganz klar die typisch schweizerische, negativ-konservative
Sturheit und Kurzsichtigkeit, wie sie schon u. a. beim Frauenstimmrecht,
dem Beitritt zur UNO oder zur Menschenrechtskommission zutage trat.
Politik, Kartelle und Medien halten die Ware Musik und unsere Berufsgruppe
im Würgegriff, gesellschaftlich und künstlerisch. Wenn
ein Herr Walter Rüegg, schweizerischer Radiodirektor sogar
nicht einsieht, dass kulturelles Schaffen der Protektion bedarf
und diese sogar kontraproduktiv nennt, dann müsste dieser Herr
heute wirklich seinen Posten niederlegen. Der dringende Wandel wird
bewusst blockiert oder versandet gemächlich in angepassten
und schlaffen Gremien.
Die zeitgemässe und gerechte Normierung unserer unhaltbaren
Situation ist das Gebot der Stunde, um endlich musikalisches Schaffen
im Lande gedeihen zu lassen.
Als Gründungsmitglied und langjähriges
Vorstandsmitglied der UDJ (Union Deutscher Jazzmusiker) habe ich
mir zum Ziel gesetzt, mitzuhelfen, dass endlich ein radikales Umdenken
in den Köpfen der Musikpublizisten bei uns stattfindet, eine
längst überfällige Umkehr zu den kreativen Kräften
der geknebelten einheimischen Musikkultur. Ähnlich wie es auch
in Frankreich geschah, oder wie es in den meisten Ländern erfolgreich
und selbstredend, geschieht.
Es ist eine andauernde und schmerzhafte Erniedrigung
für die heimischen Künstler und zeugt von Unmündigkeit,
Unfähigkeit und Bequemlichkeit der Medienvertreter, die sich
einfach das Recht nehmen, den Bürger pausenlos mit ausländischen
Produktionen zuzuschmieren. Respekt und Verantwortung, welche den
Künstlern und ihrem Schaffen entgegengebracht gebühren,
befinden sich auf der selben unseligen Stufe, wie eh und je. Gerade
hat mir wieder jemand die dumme Frage gestellt, welche ich Zeit
meines Lebens nur von Deutschschweizern zu hören bekam: Musiker?
- kann man davon leben? -
Ein neues Denken muss dringend einsetzen. Im Sinne des Volkswohls
und schon gar im Angesicht der mehr als kritischen sozialen Situation
der eigenen Musikschaffenden. Die leitenden Medienvertreter sind
jetzt aufgefordert und am Zuge, endlich zu begreifen, dass neues
Handeln notwendig ist und dass sie in der Vergangenheit ihren Auftrag
und ihre Verantwortung der heimischen Musik gegenüber verkannt
und vernachlässigt haben.
Der Einsatz von 10 % schweizerischer Werke
in den Medien ist eine bodenlose Entwürdigung, eine nationale
Schande. Eine Beteiligung zu einem Drittel ist mindestens erforderlich.
Dadurch wird in der Zukunft, dem sich selbst ankurbelnden heimischen
Musikbetrieb eine Existenzbasis ermöglicht. Es braucht dabei
niemand etwas zu bezahlen und dem Missbrauch künstlerischen
Schaffens, würde ein Riegel vorgeschoben. Wir brauchen unbedingt
einen realistischen, neu festgesetzten Anteil bei den einheimischen
Medien. Ein unabhängiges Land kann und muss, zum Schutz und
Gedeih seines eigenen Kulturlebens, neue Entscheidung rasch treffen
können, im eigenen Interesse. Überdies sollten künftig
alle Musik-Redakteure (Musik-Philister) unbedingt musiktheoretisch
und autorenrechtlich eingewiesen werden, bevor sie auf Sendung gehen
dürfen, die Vergangenheit hat ihren kläglichen Opportunismus,
ihre Unkenntnis und ihren sorglosen Umgang mit der Materie genügend
bewiesen.
Unsere lebendige Musikszene muss endlich aus ihrem mittelalterlichen
Ghetto herauskommen. Es ist höchste Zeit, die Voraussetzungen
sind mehr als gegeben. Es hängt allein beim Willen der Politik
im Lande, sowie an der Bereitschaft zur massiven Gegenwehr der SUISA
und ihrer Mitglieder, dieses nationale Ungemach energisch und solidarisch
auf politischer Ebene zügig zu einem annehmbaren Resultat zu
bringen.
Es ist eine unwiderlegbare Tatsache, dass
die Wirkung von kreativer Kultur an ihrem Standort, gesellschaftlich
harmonisierend und sozial förderlich wirkt. Die hohe Politik
aber, schliesst davor unklug und halsstarrig ihre Augen.
Die Bundes-, National- und Ständeräte haben diesbezüglich
niemals die Weitsicht und das Pflichtbewusstsein ausländischer
Politiker erreicht. Im beispielhaften Einsatz für die Kultur,
war der gerade verstorbene österreichische Bundespräsident
Klestil als Persönlichkeit allein weitsichtiger, als der gesamte
schweizerische Bundesrat seit dem zweiten Weltkrieg, der mit konservativem
Profitdenken und Kurzsichtigkeit, die Kultur traditionell im Regen
stehen lässt.
Wenn eine Auswahl von Autoren geschlossen unser Anliegen zum politischen
Thema macht und damit evtl. auch an die breite Öffentlichkeit
tritt, könnten die harten, aber letztlich doch formbaren Instanzen
zur Einsicht gebracht und dazu veranlasst werden, eine ehrenwerte
und annehmbare Lösung zu finden.
Herzliche Grüsse aus dem Tessin und ich melde mich, wenn ich mal in Zürich bin.
Peter Giger
|
Offener
Brief an die Mitglieder der Stiftungskommission für Einzelbeiträge
der SUISA-Stiftung für Musik.
Gesuch Nr. 2007.4911
TRIOMPHE
DU RYTHME, DAKAR 2008 - Künstlerische Leitung: Doudou N'Diaye
Rose, Mbaye Dièye Faye, Pierre Favre, Peter Giger.
Mit Family of Percussion, Ensemble Doudou N'Diaye Rose, Mbaye Dièye
Faye`s Sing Sing, Charlie Antolini, Jojo Mayer, Regina Ribeiro,
Cornelia Kaiser, Pape Ndiaye, Ndeye Gueye, Oumou Sow, Benno Hungerbühler,
Pascal Caviezel, Pascal Kottmann, Pascal (Martin) Bammerlin. Florian
Volkmann.
Als
Mitglied der SUISA seit 44 Jahren habe ich mir erlaubt, zum ersten
Mal (und zum letzten!) der SUISA-Stiftung ein Gesuch für ein
Projekt zu stellen. Nicht irgendeine Eingabe, sondern die Bitte
um einen Beitrag zu einem Traum-Projekt. Darin sind die bewährtesten
Schlagzeuger der Schweiz und des Senegal enthalten; denn Schweizer
Schlagzeuger allgemein geniessen Weltgeltung - im Unterschied zu
allen andern Instrumentalisten (vielleicht mit Ausnahme der Alphornbläser)
- vereint mit der Crème de la Crème der fantastischen
Trommler Senegals, den besten Tänzern beider Länder und
last not least, hervorragenden Vertretern des Basler Trommelns.
Nach meinem Erachten verkörpert das Baslertrommeln den wohl
einzigen wirklichen Beitrag der Schweiz zur Weltmusik und ist es
bestimmt wert, im Nabel der afrikanischen Trommelkunst vorgestellt
zu werden. -
Über
ein Jahr habe ich an dem Projekt gearbeitet und die Resonanz bei
den Beteiligten und bei Insidern war überwältigend. Voller
Hoffnung habe ich den acht grössten Schweizer Stiftungen ein
umfangreiches Exposé gesandt und mühevoll ihre jeweiligen
Antragsformulare ausgefüllt.
Von
Stanley Thomas Johnson, Nestlé, UBS und Credit Suisse habe
ich fadenscheinige Absagen erhalten. Man weiss ja seit jeher, dass
diese letzteren "global players" Afrika nur ausnutzen!
-
Dass
mir jedoch die Mitglieder der Stiftungskommission für Einzelbeitrage
der SUISA-Stiftung für Musik keinen Beitrag zugesprochen haben,
ist wahrhaftig ein Skandal! In vier Zeilen erhielt ich vor ein paar
Tagen eine Standardabsage mit der expliziten Hoffnung auf mein Verständnis
und den guten Wünschen auf Erfolg weiterhin!? - Seit 44 Jahren bin ich SUISA-Mitglied , und war noch niemals wegen einem
Projekt vorstellig geworden, Der Leiter der Urheberabteilung hat
mir nach der Absage liebenswürdigerweise geschrieben:
auch wenn es mir eigentlich nicht zusteht, Entscheide der
Stiftung zu kommentieren. Ich möchte mich für die Absage
der Stiftung in dieser Form entschuldigen. Ich hoffe für Dich
von Herzen, dass sich andere Stiftungen o.ä. finden werden,
welche das Projekt ermöglichen.
Auch der Direktor der SUISA schrieb u. a. :
Ich bin nicht Mitglied des Stiftungsrates der SUISA-Musikstiftung,
die juristisch und organisatorisch unabhängig von der SUISA
ist. Die Stiftung hat Regeln ausgearbeitet betreffend Genehmigung
von Gesuchen, und ich gehe davon aus, dass diese Regeln auch im
Zusammenhang mit Deinem Gesuch eingehalten wurden.
Ich stimme Dir aber uneingeschränkt zu, dass Dein Projekt aussergewöhnlich
und interessant ist. Basler Trommeln und afrikanisches Trommeln
sind sicher ein Beitrag zur Weltmusik.
TRIOMPHE
DU RHYTHME, das Projekt, an welches ich meine ganze Kraft und meinen
Einsatz gegeben habe, ist kläglich an der Torheit der schweizerischen
Sponsorcliquen gescheitert. Die Damen und Herren sind an ominöse
Richtlinien gebunden und sehen auch sonst wie kaum über ihren
Tellerrand hinaus.
Welch
ein Sarkasmus, was für eine Schande! Nicht für die Beteiligten
Künstler, sondern für die Mitglieder dieser Stiftungen.
Sie sind ein würdiges Beispiel für die Ignoranz und Respektlosigkeit
gegenüber dem lebendigen Musikschaffen, welche seit jeher in
unserem kulturell unterentwickelten Lande herrschen. Ein Anlass
mehr sich zu schämen, Bürger dieses Landes zu sein!
Maria Zehnder von der Migros-Stiftung entschuldigte sich am Telefon,
dass Migros nur Projekte in der Schweiz unterstützt, wollte
aber extra für das Konzert nach Dakar kommen!
Meine letzte Hoffnung war die Stiftung PRO HELVETIA. Doch Direktor
Knüsel und Musikchef Gartmann waren sich nicht zu schade, mir
bei ihrer Absage folgendes zu schreiben:
Die Qualität der beteiligten Perkussionisten ist natürlich
unbestritten, trotzdem sind wir der Ansicht, dass diese Art von
Grossprojekten mit verschiedenen Schlagzeug-Sprachen vom musikalischen
Standpunkt aus wenig Sinn machen. Welt-Rhythmus Projekte kennt man
seit Jahren; sie scheinen aus heutiger Sicht wenig originell und
innovativ und zeigen darüber hinaus wenig Wirkung.
Aus diesen Worten klingt unverhohlen die Ignoranz und Respektlosigkeit
der Kulturträger hierzulande.
Zum abgelehnten Projektdossier (en français
)
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