über die verheerende Situation zeitgenössischer Musik in der Schweiz


Auf dieser Seite möchte ich meinen Protest gegen die Musik-Kulturpolitik in meinem Lande zum Ausdruck bringen. Als internationaler Jazzschlagzeuger und Perkussionist seit nunmehr 50 Jahren fühle ich mich imstande, die dunklen Machenschaften, welche hier das Musikbusiness prägen, zu durchschauen. Die Situation der modernen Musik ist traditionell skandalös. Ewiggestrige Politiker und Medien-Opportunisten formen und vergiften die Landschaft.
Für sie gilt es, in der Spur zu bleiben, nur keine Experimente, das Altbewährte pflegen und wenn schon was Neues, dann soll das gefälligst vom Ausland her kommen. Ist doch der Schweizer vom Naturell her kein Musiker, also was wollen diese Abtrünnigen, das wäre ja noch schöner. Sollen sie doch verhungern, ins Ausland gehen oder lieber etwas anständiges arbeiten, statt herumzufabulieren und ein faulenzerisches Leben als Künstler vorzutäuschen. Wir sind nun mal ein kleines Ländli und kleine Schweizer. Das Grossartige überlassen wir gerne den Fremden, Hauptsache wir sind alleine Herr im Haus und der Geldbeutel stimmt.
In der Folge habe ich Betrachtungen, Vorträge und Briefe zu diesem Thema angefügt. Mögen Gleichgesinnte und Betroffene mir Material dazu senden, damit diese nationale Schande nicht in Vergessenheit gerät.
Gerne werde ich diese hier mitveröffentlichen.



Die fortschrittliche, kreative Musikszene und ihre Vertreter/innen werden in der Schweiz seit jeher, alarmierenderweise jedoch immer mehr, durch penible Schwätzer und verriegelte Dinosaurier geknebelt. Die Mediengilde und ihre politischen Hintermänner zeigen keinerlei künstlerich-soziale Verantwortung. Sie handeln unverschämt opportunistisch und ohne Respekt, mit einer notorischen Herabwürdigung und Nichtbeachtung den schöpferischen einheimischen Künstlern gegenüber. Es war niederschmettern, als ich im Jahr 2002, nach Jahrzehnten in Frankreich und Deutschland, wieder in meine Heimat übersiedelte. Die allmächtigen Schweizer Medien sind korrumpiert, traditionell weit unter internationalem Niveau, gründlich verstaubt und hinterwäldlerisch. - Zu meinem Erstaunen gab es urplötzlich eine "Schwyzer Musig"!?-. Ein sonderbarer, wohlbeabsichtigter und einmaliger Etiketten-Schwindel!. - In meiner Jugend bezeichnete man diese Art von Musik als "Ländler-Musig", heil Reichskulturkammer, heil Indoktrination! - Alles beim Alten im Kunst- und Kultur-Notstandsland Schweiz! Noch immer muss mein Berufstand, wie auch weitere, vor allem künstlerische Berufsstände, ins Ausland abwandern um nicht zu verhungern! Hier regiert der Mammon, die Muse liegt im Sterben! Die jährlich über hundert anspruchsvollen diplomierten Abgänger von neuzeitlichen Musikschulen (welche zu meinem Leidwesen kürzlich per Gesetz von den Konservatorien geschluckt wurden) blicken in die Röhre oder landen zumeist beim Sozialamt. -

 

 

KAMPF DEM MUSIKDIKTAT DER SCHWEIZER MEDIEN
WIR VERLANGEN EINE SENDEQUOTE VON EINEM DRITTEL FÜR DIE SCHWEIZERISCHEN MUSIKSCHAFFENDEN BEI RADIO UND FERNSEHEN.

Es hat sich seit dem Bestehen der modernen schweizerischen Medien herausgestellt, dass diese völlig einseitig bestimmen, was verbreitet bzw. gesendet wird. Es ist eine Tatsache, dass eben diese Medien durch Opportunismus und sachliche Inkompetenz den musikkulturellen Auftrag, den heimischen Interessen gegenüber, nicht im Ansatz erfüllen. Der dadurch entstehende wirtschaftliche Schaden lähmt die heimischen Musikschaffenden und schädigt die lebendige Musikkultur in der Schweiz ganz entscheidend.

Politik, Musik-Kartelle und die Medienvertreter halten die Ware Musik und unsere Berufsgruppe im Würgegriff, wirtschaftlich, gesellschaftlich und künstlerisch. Wenn Herr Walter Rüegg, schweizerischer Radiodirektor, sogar nicht einsieht, dass kulturelles Schaffen der Protektion bedarf und letztere sogar kontraproduktiv nennt, dann ist wirklich aller Tage Abend. In einem NZZ-Artikel, Mitte April 2003, qualifizierte er tatsächlich die Quotenforderung ab: eine solche sei nicht nur "kontraproduktiv und protektionistisch", sondern auch unmöglich und unnötig - da seine Sender für die Schweizer Szene nun wirklich schon genug täten. -

Ihm und der selbstherrlichen, kompetenzüberschreitenden und widersinnigen Machtpolitik in unseren Medien insgesamt, ist energisch entgegen zu treten, denn ihre Haltung bedeutet unzweifelhaft eine Schmach und eine nationale Schande! -

PETER GIGER, Schlagzeuger, Perkussionist, Komponist, Dozent, Autor, Produzent, SUISA-Mitglied seit 1963 - Mitglied des SMPV - www.peter-giger.de - nagara@bluewin.ch

Referat von Peter Giger bei der Generalversammlung der SUISA im Juni 2004 in Winterthur.


Sehr geehrter Präsident, sehr geehrte Schweizer Musikschaffende,

ich möchte kurz über den eindeutig zerstörerischen Einfluss der Medien auf unsere heimische kreative Musikszene zu Ihnen sprechen.

WER MACHT HIER EIGENTLICH DIE MUSIK?

Musik ist eine Hure, sagte Marcel Reich-Ranitzky, ich denke in der Schweiz steht es noch schlimmer um sie, zumindest was die sog. moderne Musik betrifft. Die Medien steuern mehr und mehr den Musikbetrieb und sind längst von internationalen Musik-Konzernen abhängig und unterwandert.
Intendanten, Produzenten und Redakteure machen die Musik.
Einschaltquoten, Sendeplätze, Hitlisten, Schmiergelder, das Musikwesen ist weltweit zum profitorientierten Markt der Eitelkeiten und Banalitäten, zur Selbstverwirklichungsbühne von Dilettanten verkommen.
Es ist traurig, in was für einem untergeordneten und unbeachteten Zustand die Schweizer Szene dümpelt. Unsere Presse, die Radio- und Fernsehstationen ordern ausländische Kultur im Multipack. Es ist ja so unkompliziert, schnell abzuwickeln und zudem noch einträglich, das Geld dafür bezahlen die Abonnenten, und das Volk frisst ja, was man ihm gibt, das weiss doch inzwischen jeder.
Wozu soll man sich mit den eigenen Künstlern herumschlagen, da müsste man sich ja auskennen und handfeste Forschung betrieben werden. Sollen die Spinner doch sehen wo sie bleiben, oder halt ins Ausland gehen, die Ausländer sind sowieso besser.
Im Bunde mit der hohen Politik, die in Sachen Kultur besonders kurzsichtig und hinterwäldlerisch auftritt, sowie mit der im Lande seit jeher vorherrschenden Geringschätzung von Kunst und Künstlern, sind diese Programmgestalter mit dafür verantwortlich, dass die heimische Szene nicht hochkommt, vor sich hindümpelt und fast alle Naturtalente auf der Strecke bleiben. Die Kunstmusik in der Schweiz lebt in Hand- und Fussschellen.
Wie in keiner andern hochentwickelten Nation, werden unsere leistungsfähigen Künstler bei lebendigem Leib unter den Teppich gekehrt. Wenn sie dann endlich tot sind, dann erst werden sie u. U. als leuchtende Beispiele Schweizer Kunst und Kultur an die nationale Brust geheftet.
Die harmonisierende Bedeutsamkeit einer lebendigen, einheimischen Kulturszene wird schnöde kastriert.
Ein Land, welches zu den bildschönsten, wohlhabendsten und hochentwickeltsten zählt, fährt heute noch eine von Alters her ignorante und zugeknöpfte Kulturpolitik.
Was für ein engstirniger, bedauerlicher und unseliger Irrtum.
Es gibt seit der Erfindung der Ton-Konserve usw., auch aus unserem Land, wunderbare Produktionen im Überfluss, die hunderttausendfach auf Halde liegen.
Entweder ist es den internationalen Konzernen gelungen - unter oder über dem Tisch - ihren musikalischen Schrott bei unseren Medien durchzudrücken, oder die Verantwortlichen für dessen Verbreitung sollten wegen Inkompetenz umgehend ihren Hut nehmen.
Denn sie sind dafür verantwortlich, dass sich eine unerträgliche Schwemme von gehirn- und geschmackloser Musik, meist in englisch, deutsch oder französisch gesungen, fast pausenlos und alltäglich über den Äther geschickt wird, neben der viel zu wenig ausgestrahlten wertvollen und erfreulichen Produktionen.
Man hört fast nur noch Gesungenes, die Instrumentale Musik wird auch zunehmend gnadenlos an die Wand gedrückt.
Ich habe über vierzig Jahre lang als Jazz-Schlagzeuger, Perkussionist, Bandleader, Komponist, Dozent, Autor und Produzent im Ausland gearbeitet
Als einem der zahllosen Schweizer Künstler, welcher es nur im Ausland schaffen konnte - ist mir, seit meiner Rückkehr vor zwei Jahren in die Heimat, die schwierige Situation des hiesigen Kulturbetriebs allgemein, und jener von Musikern und Komponisten im besonderen, klar geworden.
Es kann und darf einfach nicht angehen, dass 2002/2003 bspw. knapp 19 Millionen Franken Autorenrechte nach USA flossen und nur 820 Tausend von dort zurückkamen. Der Schweizer Autor bezahlt dem Ami 100 Franken und erhält dafür 4 Franken zurück. Das ist Kolonisation und zugleich Diebstahl am Fortkommen des eigenen Volkspotentials. Gesamt werden von unserer schweizerischen Mediengilde noch nicht mal 10 Prozent Schweizer Werke berücksichtigt.

Ich möchte zu dieser Kulturschande einen dringenden Vorschlag machen:

Ist es denn nicht möglich, dieser offensichtlichen Willkürlich endlich von unserer Seite aus Einhalt zu gebieten.
Wie es doch bei ähnlichen Fällen üblich ist, sollte zum Schutz der einheimischen Autoren und Musiker, eine gesetzlich verankerte Kontingentierung eingeführt werden. Diese könnte durch ein Gremium, bestehend aus erfahrenen Mitgliedern unserer Berufsgruppe ausgearbeitet werden. Das Gremium sollte von der SUISA eingesetzt und getragen werden und seine Forderungen sollten dem zuständigen Ministerium zur Begutachtung und Ratifizierung übergeben werden.

Referat von Peter Giger, GV-SUISA, Lugano, 25.06.05

Vorbemerkung:
Da an der vergangenen GV mein Aufruf, über die seit jeher im schweizerischen Musikbetrieb herrschenden krassen Missverhältnisse leider in den Annalen unserer Administration versank, versuche ich heute erneut, insbesondere die Aufmerksamkeit unseres Vorstands auf die finanzielle Misere der lebendigen, modernen Musikszene zu lenken.

Ich möchte hier im Tessin, wenn Sie gestatten, Französisch sprechen, in der Hoffnung auf das traditionell höher einzustufende Kulturverständnis unserer lieben Compatriotes.

Chères dames et messieurs, chers collègues,
Laissez-moi, s.v.p., vous parler de la situation insoutenable de la culture musicale dans notre pays, qui s'est présenté de tous temps, plutôt blâmable et pitoyable, sur le plan international. Notre pauvre tradition musicale, notre dépendance des créations des pays voisins et outre, sont évident et prennent de plus en plus des formes honteuses et embarrassants. Dans son état d'esprit, dans sa mentalité envers les artistes indigènes, notre peuple n'a malheureusement pas franchi la barrière de paysans et de montagnards.

La plupart de nos compositeurs et musiciens contemporains endurent la pauvreté. Combien de talents chez nous souffrent d'une mort lente et déshonorante.
La musique dans les médias électroniques est malheureusement administrée et gérée par l'état, voir par une direction politique, qui n'a jamais eu la réputation ou la qualification d'être à la hauteur, en ce qui concerne la musique. En Suisse, une des nations les plus privilégiées, habite une population avec peu de respect et encore moins de générosité pour les propres compositeurs et musiciens.

De même nos politiciens et leurs dirigeants, qui ont ni visions, ni prévoyance, ni honneur, car sans pudeur et conscience ils discriminent continuellement notre profession, et ce qui est pire encore, ils exploitent notre travail pour leur propre compte. Ce brigandage doit enfin cesser.
La Suisa et ses membres sont les propriétaires des droits d'auteurs mondiaux. Pourquoi nos fiduciaires hésitants à Zürich ne s'occupent t'ils pas à priori de cette inacceptable injustice envers notre profession!
Est-ce que ils travaillent pour nous ou pour nos écorcheurs ?
Pourquoi appelle t'on la-bas la SRG " notre meilleur client " et comment se fait il, que c'est justement ce meilleur client, qui nous impose prix et contingent de nos oeuvres produits.

De sa part la SRG utilise abondamment " notre " musique et cela ne leur vaut pas plus que 1 % de leur état prétentieux. Quelle ignoble arrogance! Quelle avarice sans gêne! -
Imaginez vous une radio ou une télé sans musique. Mes dames et messieurs, c'est nous qui sommes dans la position de force. Refusons leur notre musique en entier ou seulement nos œuvres suisses. Ne restons pas opprimé et dupé encore pendant des années inutiles, luttons pour notre droit, faisons quelque chose contre toutes ces têtes et cœurs de béton et pour nos droits existentiels.
Est-ce que je peux demander ici et maintenant les membres de notre comité de direction, de nous dire, si mon idée d'un refus de notre part envers la SRG est possible, et si oui, comment nous pourrions introduire une tel démarche. Merci de votre attention

Brief an Roy Oppenheim, Suisa

Cevio, im September 2004
Sehr geehrter Roy Oppenheim,

Wir scheinen im Kampf um gerechte Sendzeiten von einheimischen Musikschaffenden vereint zu sein.
Wie Sie bestimmt wissen, hat vor über zehn Jahren in Frankreich die Einführung einer Sendequote von über 40% französischer Musik in den Medien, in wenigen Jahren zu einer erstaunlichen Blüte der eigenen Musikkultur geführt. Selbst die entschiedensten Gegner dieser Massnahme waren am Ende begeistert von dieser absolut gerechtfertigten Quote.
Als ich - nach 40 Jahren Wirken im Ausland - vor zwei Jahren in meine Heimat zurückkam, musste ich feststellen, dass sich der Respekt und die innere Haltung meiner Landsleute, der einheimischen Musik-Kultur gegenüber, kaum verändert hat. Das Schaffen der eigenen Künstler wird weiterhin erniedrigt, verhindert und schnöde deklassiert.

Als Gründungsmitglied und langjähriges Vorstandsmitglied der UDJ (Union Deutscher Jazzmusiker) habe ich mir seit meiner Rückkehr in die Schweiz zum Ziel gesetzt, mitzuhelfen, dass endlich ein radikales Umdenken in den Köpfen der Medienpublizisten bei uns stattfindet, ein längst überfälliges Umkehren zu den kreativen Kräften der ach so sträflich vernachlässigten einheimischen Musikkultur. Ähnlich wie es auch in Frankreich geschah, oder wie es in den meisten Ländern erfolgreich und selbstredend, geschieht.

Im vergangenen Juni war ich erstmals bei einer SUISA-GV und habe eine Rede gegen diesen unhaltbaren Dauerzustand gehalten, unter dem Motto: WER MACHT HIER EIGENTLICH DIE MUSIK?.
Es haben sich in der jüngsten Vergangenheit viele Leute und Organisationen gegen diesen immer offensichtlicher zu Tage tretenden Missstand gestellt.

Aber was wurde bisher erreicht!? .........

Der rege Zwischenapplaus und der Zuspruch auf meine Rede bei vielen Teilnehmern der Mitgliederversammlung, haben mir Mut gegeben weiterzumachen. Unter Anderen baten leitende Angestellte der SUISA, um eine Kopie meines Redetextes und viele Anwesende zeigten sich sehr aufgeschlossen, was die Realisierung von empfindlich höheren Sendequoten in der Schweiz betrifft.Es ist mehr als genug des unsolidarischen und rechtswidrigen Machtspiels unserer Radio- und Fernsehstationen mit der Presse in ihrem Gefolge. Die SUISA, die Autoren und alle Musikschaffenden müssen zusammenstehen und nicht ruhen, die uns zustehenden Rechte zu fordern, wir schulden es uns selber, der Musikkultur in unserem Lande, sowie der musikalischen Schöpferkraft von neuen Generationen.

Der eindeutig viel zu mächtige Einsatz von ausländischen Musik-Produktionen in unseren Medien, verdeutlicht deren Betrug am eigenen kreativen Potential und entlarvt die dafür Verantwortlichen als respekt- und charakterlos. Ihre im Grunde rundweg anmassende Haltung uns gegenüber, ist voller Pflichtvergessenheit und Desinteresse.
Die leitenden Medienvertreter sind jetzt aufgefordert und am Zuge, endlich zu begreifen, dass ein neues Handeln, ein Umdenken dringend notwendig ist. Sie müssen sich bewusst werden, dass sie in der Vergangenheit ihren Auftrag und ihre Verantwortung der heimischen Musik gegenüber verkannt und vernachlässigt haben.

Die für den heimischen Musikbetrieb doch so ungeheuer wichtigen Medien, tummeln sich in hausgelieferten Katalogangeboten von internationalen Musikkartellen und merken dabei nicht, oder wollen nicht merken, dass sie mit ihrer opportunistischen und achtlosen Haltung die einheimische Kultur andauernd schädigen; dass sie den eigenen Künstlern die Existenzgrundlage entziehen und vielen Talenten den Musikerberuf schon viel zu oft verunmöglicht haben! -
Wir müssen diesen Verantwortlichen ihre latente Unbesonnenheit und ihr sträfliches Fehlverhalten ständig vor Augen führen, bis sie sich endlich bewusst werden, welches Unrecht sie der heimischen Kultur bis zum heutigen Tag angetan haben.
Unser berechtigtes Anliegen soll massiv in die Öffentlichkeit und in die Politik getragen werden und bis hin zu einer Volksinitiative führen, wenn es denn sein muss.

Wenn viele Organisationen und Urheber ihre Unterstützung signalisieren, allen voran die SUISA, kann der Kampf gegen diese andauernde Verwahrlosung endlich in eine entscheidende Phase geführt werden.
Die Auswirkungen einer Sendequote von einem Drittel schweizerischer Werke bei Radio und TV würde sich für die Künstler, auch publizistisch gesehen, förderlich erweisen und ganz beträchtliche Autorenvergütungen blieben im Lande, statt ins Ausland abzufliessen.

Mit freundlichem Gruss
Peter Giger

aus einem Brief an Kurt Auer, Ex-Suisa

Du hattest mich freundlicherweise um den Text meiner Rede vor der SUISA-GV gebeten. Ich habe sie diesem E-Mail bei gefügt und wäre froh, wenn dieser Text im nächsten Info der SUISA erscheinen würde.

Der Kampf um die rechtmässigen Ansprüche der eigentlichen Schöpfer und Befugten von Musik, die fundamentalen Rechte der schweizerischen Urheber, werden von ihrer eigenen Administration seit vielen Jahrzehnten unsachgemäss behandelt und auf unerträgliche Weise vor sich her geschoben.

Wo bleiben unsere legitimen Rechte. Hier erscheint ganz klar die typisch schweizerische, negativ-konservative Sturheit und Kurzsichtigkeit, wie sie schon u. a. beim Frauenstimmrecht, dem Beitritt zur UNO oder zur Menschenrechtskommission zutage trat. Politik, Kartelle und Medien halten die Ware Musik und unsere Berufsgruppe im Würgegriff, gesellschaftlich und künstlerisch. Wenn ein Herr Walter Rüegg, schweizerischer Radiodirektor sogar nicht einsieht, dass kulturelles Schaffen der Protektion bedarf und diese sogar kontraproduktiv nennt, dann müsste dieser Herr heute wirklich seinen Posten niederlegen. Der dringende Wandel wird bewusst blockiert oder versandet gemächlich in angepassten und schlaffen Gremien.
Die zeitgemässe und gerechte Normierung unserer unhaltbaren Situation ist das Gebot der Stunde, um endlich musikalisches Schaffen im Lande gedeihen zu lassen.

Als Gründungsmitglied und langjähriges Vorstandsmitglied der UDJ (Union Deutscher Jazzmusiker) habe ich mir zum Ziel gesetzt, mitzuhelfen, dass endlich ein radikales Umdenken in den Köpfen der Musikpublizisten bei uns stattfindet, eine längst überfällige Umkehr zu den kreativen Kräften der geknebelten einheimischen Musikkultur. Ähnlich wie es auch in Frankreich geschah, oder wie es in den meisten Ländern erfolgreich und selbstredend, geschieht.

Es ist eine andauernde und schmerzhafte Erniedrigung für die heimischen Künstler und zeugt von Unmündigkeit, Unfähigkeit und Bequemlichkeit der Medienvertreter, die sich einfach das Recht nehmen, den Bürger pausenlos mit ausländischen Produktionen zuzuschmieren. Respekt und Verantwortung, welche den Künstlern und ihrem Schaffen entgegengebracht gebühren, befinden sich auf der selben unseligen Stufe, wie eh und je. Gerade hat mir wieder jemand die dumme Frage gestellt, welche ich Zeit meines Lebens nur von Deutschschweizern zu hören bekam: Musiker? - kann man davon leben? -
Ein neues Denken muss dringend einsetzen. Im Sinne des Volkswohls und schon gar im Angesicht der mehr als kritischen sozialen Situation der eigenen Musikschaffenden. Die leitenden Medienvertreter sind jetzt aufgefordert und am Zuge, endlich zu begreifen, dass neues Handeln notwendig ist und dass sie in der Vergangenheit ihren Auftrag und ihre Verantwortung der heimischen Musik gegenüber verkannt und vernachlässigt haben.

Der Einsatz von 10 % schweizerischer Werke in den Medien ist eine bodenlose Entwürdigung, eine nationale Schande. Eine Beteiligung zu einem Drittel ist mindestens erforderlich. Dadurch wird in der Zukunft, dem sich selbst ankurbelnden heimischen Musikbetrieb eine Existenzbasis ermöglicht. Es braucht dabei niemand etwas zu bezahlen und dem Missbrauch künstlerischen Schaffens, würde ein Riegel vorgeschoben. Wir brauchen unbedingt einen realistischen, neu festgesetzten Anteil bei den einheimischen Medien. Ein unabhängiges Land kann und muss, zum Schutz und Gedeih seines eigenen Kulturlebens, neue Entscheidung rasch treffen können, im eigenen Interesse. Überdies sollten künftig alle Musik-Redakteure (Musik-Philister) unbedingt musiktheoretisch und autorenrechtlich eingewiesen werden, bevor sie auf Sendung gehen dürfen, die Vergangenheit hat ihren kläglichen Opportunismus, ihre Unkenntnis und ihren sorglosen Umgang mit der Materie genügend bewiesen.
Unsere lebendige Musikszene muss endlich aus ihrem mittelalterlichen Ghetto herauskommen. Es ist höchste Zeit, die Voraussetzungen sind mehr als gegeben. Es hängt allein beim Willen der Politik im Lande, sowie an der Bereitschaft zur massiven Gegenwehr der SUISA und ihrer Mitglieder, dieses nationale Ungemach energisch und solidarisch auf politischer Ebene zügig zu einem annehmbaren Resultat zu bringen.

Es ist eine unwiderlegbare Tatsache, dass die Wirkung von kreativer Kultur an ihrem Standort, gesellschaftlich harmonisierend und sozial förderlich wirkt. Die hohe Politik aber, schliesst davor unklug und halsstarrig ihre Augen.
Die Bundes-, National- und Ständeräte haben diesbezüglich niemals die Weitsicht und das Pflichtbewusstsein ausländischer Politiker erreicht. Im beispielhaften Einsatz für die Kultur, war der gerade verstorbene österreichische Bundespräsident Klestil als Persönlichkeit allein weitsichtiger, als der gesamte schweizerische Bundesrat seit dem zweiten Weltkrieg, der mit konservativem Profitdenken und Kurzsichtigkeit, die Kultur traditionell im Regen stehen lässt.
Wenn eine Auswahl von Autoren geschlossen unser Anliegen zum politischen Thema macht und damit evtl. auch an die breite Öffentlichkeit tritt, könnten die harten, aber letztlich doch formbaren Instanzen zur Einsicht gebracht und dazu veranlasst werden, eine ehrenwerte und annehmbare Lösung zu finden.
Herzliche Grüsse aus dem Tessin und ich melde mich, wenn ich mal in Zürich bin.

Peter Giger

Offener Brief an die Mitglieder der Stiftungskommission für Einzelbeiträge der SUISA-Stiftung für Musik.
Gesuch Nr. 2007.4911

TRIOMPHE DU RYTHME, DAKAR 2008 - Künstlerische Leitung: Doudou N'Diaye Rose, Mbaye Dièye Faye, Pierre Favre, Peter Giger.
Mit Family of Percussion, Ensemble Doudou N'Diaye Rose, Mbaye Dièye Faye`s Sing Sing, Charlie Antolini, Jojo Mayer, Regina Ribeiro, Cornelia Kaiser, Pape Ndiaye, Ndeye Gueye, Oumou Sow, Benno Hungerbühler, Pascal Caviezel, Pascal Kottmann, Pascal (Martin) Bammerlin. Florian Volkmann.

Als Mitglied der SUISA seit 44 Jahren habe ich mir erlaubt, zum ersten Mal (und zum letzten!) der SUISA-Stiftung ein Gesuch für ein Projekt zu stellen. Nicht irgendeine Eingabe, sondern die Bitte um einen Beitrag zu einem Traum-Projekt. Darin sind die bewährtesten Schlagzeuger der Schweiz und des Senegal enthalten; denn Schweizer Schlagzeuger allgemein geniessen Weltgeltung - im Unterschied zu allen andern Instrumentalisten (vielleicht mit Ausnahme der Alphornbläser) - vereint mit der Crème de la Crème der fantastischen Trommler Senegals, den besten Tänzern beider Länder und last not least, hervorragenden Vertretern des Basler Trommelns. Nach meinem Erachten verkörpert das Baslertrommeln den wohl einzigen wirklichen Beitrag der Schweiz zur Weltmusik und ist es bestimmt wert, im Nabel der afrikanischen Trommelkunst vorgestellt zu werden. -

Über ein Jahr habe ich an dem Projekt gearbeitet und die Resonanz bei den Beteiligten und bei Insidern war überwältigend. Voller Hoffnung habe ich den acht grössten Schweizer Stiftungen ein umfangreiches Exposé gesandt und mühevoll ihre jeweiligen Antragsformulare ausgefüllt.

Von Stanley Thomas Johnson, Nestlé, UBS und Credit Suisse habe ich fadenscheinige Absagen erhalten. Man weiss ja seit jeher, dass diese letzteren "global players" Afrika nur ausnutzen! -

Dass mir jedoch die Mitglieder der Stiftungskommission für Einzelbeitrage der SUISA-Stiftung für Musik keinen Beitrag zugesprochen haben, ist wahrhaftig ein Skandal! In vier Zeilen erhielt ich vor ein paar Tagen eine Standardabsage mit der expliziten Hoffnung auf mein Verständnis und den guten Wünschen auf Erfolg weiterhin!? - Seit 44 Jahren bin ich SUISA-Mitglied , und war noch niemals wegen einem Projekt vorstellig geworden, Der Leiter der Urheberabteilung hat mir nach der Absage liebenswürdigerweise geschrieben:

„auch wenn es mir eigentlich nicht zusteht, Entscheide der Stiftung zu kommentieren. Ich möchte mich für die Absage der Stiftung in dieser Form entschuldigen. Ich hoffe für Dich von Herzen, dass sich andere Stiftungen o.ä. finden werden, welche das Projekt ermöglichen.“

Auch der Direktor der SUISA schrieb u. a. :

„Ich bin nicht Mitglied des Stiftungsrates der SUISA-Musikstiftung, die juristisch und organisatorisch unabhängig von der SUISA ist. Die Stiftung hat Regeln ausgearbeitet betreffend Genehmigung von Gesuchen, und ich gehe davon aus, dass diese Regeln auch im Zusammenhang mit Deinem Gesuch eingehalten wurden.
Ich stimme Dir aber uneingeschränkt zu, dass Dein Projekt aussergewöhnlich und interessant ist. Basler Trommeln und afrikanisches Trommeln sind sicher ein Beitrag zur Weltmusik“.

TRIOMPHE DU RHYTHME, das Projekt, an welches ich meine ganze Kraft und meinen Einsatz gegeben habe, ist kläglich an der Torheit der schweizerischen Sponsorcliquen gescheitert. Die Damen und Herren sind an ominöse Richtlinien gebunden und sehen auch sonst wie kaum über ihren Tellerrand hinaus.

Welch ein Sarkasmus, was für eine Schande! Nicht für die Beteiligten Künstler, sondern für die Mitglieder dieser Stiftungen. Sie sind ein würdiges Beispiel für die Ignoranz und Respektlosigkeit gegenüber dem lebendigen Musikschaffen, welche seit jeher in unserem kulturell unterentwickelten Lande herrschen. Ein Anlass mehr sich zu schämen, Bürger dieses Landes zu sein!

Maria Zehnder von der Migros-Stiftung entschuldigte sich am Telefon, dass Migros nur Projekte in der Schweiz unterstützt, wollte aber extra für das Konzert nach Dakar kommen!

Meine letzte Hoffnung war die Stiftung PRO HELVETIA. Doch Direktor Knüsel und Musikchef Gartmann waren sich nicht zu schade, mir bei ihrer Absage folgendes zu schreiben:

„Die Qualität der beteiligten Perkussionisten ist natürlich unbestritten, trotzdem sind wir der Ansicht, dass diese Art von Grossprojekten mit verschiedenen Schlagzeug-Sprachen vom musikalischen Standpunkt aus wenig Sinn machen. Welt-Rhythmus Projekte kennt man seit Jahren; sie scheinen aus heutiger Sicht wenig originell und innovativ und zeigen darüber hinaus wenig Wirkung.“

Aus diesen Worten klingt unverhohlen die Ignoranz und Respektlosigkeit der Kulturträger hierzulande.

Zum abgelehnten Projektdossier (en français )